Eine Ausstellung von Dr. Susanne Bosch-Abele
Die Ausstellung wurde für das Landesmuseum Oldenburg aus Beständen des Hauses erstellt und im Marmorsaal des Oldenburger Schlosses vom 11. Oktober 1998 bis zum 10. Januar 1999 gezeigt. Vom 31. Oktober bis zum 28. November 1999 war sie in der Kunstsammlung der Universität Göttingen im Alten Auditorium am Weender Tor zu sehen.
Ausgestellt wurden die 48 Lithographien der 50 Blätter
umfassenden Serie Pastorales, die von Mai 1845 bis Mai
1846 in der Pariser Tageszeitung für Satire Le Charivari
publiziert wurden.
Honoré Daumier gilt heute nicht nur als Karikaturist,
sondern auch als Maler, Zeichner sowie Bildhauer von hohem Rang.
Der größte Teil seines immensen Oeuvres besteht aus
den satirischen Lithographien und Holzstichen, die zwischen 1832
und 1872 für den Charivari entstanden sind. Wenn die Gesetze
es zuließen, schuf der Künstler politische Karikaturen,
zu anderen Zeiten entstanden gesellschaftskritische Folgen und
Einzelblätter, die die Eigenheiten der bürgerlichen
Mittelschicht von Paris schildern.
1845/46 brachte der Charivari die Folge der Pastorales
heraus, in der der Künstler seinen kritischen Blick auf
die Sehnsucht der Städter nach ländlicher Idylle und
Naturerfahrung richtete. Je nach Vermögen suchten die Pariser
auf Sonntagsausflügen oder als Besitzer eines Landhauses
einen Ausgleich zum beengten, lauten, oft auch als gefährlich
empfundenen Stadtleben. Das für den Titel der Folge gewählte
Wort Pastorales beschreibt die ihnen unterstellte Erwartungshaltung:
Pastoralen stellen in Literatur, bildender Kunst und Musik eine
idealisierte, friedvolle und anspruchslose Schäferwelt dar,
die im Gegensatz zur harten Realität steht.
Thema der Serie war das Scheitern der Bemühungen
um Erholung, das auf den unreflektierten Idealvorstellungen von
Natur und Landleben, auf Unwissenheit, Unerfahrenheit und die
Unfähigkeit zur Umstellung auf die tatsächlichen Gegebenheiten
sowie auf Hochmut gegenüber der bäuerlichen
Bevölkerung zurückzuführen ist. Tiere,
Wind und Wetter werden daher von den Städtern
als feindlich empfunden, die Begegnung mit den Bauern erweist
sich als unerfreulich, auch die zum Vergnügen oder geschäftsmäßig
betriebene Landwirtschaft zeigt
wenig Erfolg, und immer wieder lauern ungeahnte Gefahren.
Mit manchmal durchaus bissigem Spott oder gar Schadenfreude stellte
Daumier die Leiden seiner Protagonisten dar. Er charakterisierte
sie aus der jeweiligen Situation heraus über die Gestaltung
von Haltung, Gestik und Mimik und bewies hierbei oft genug einen
Sinn fürs Groteske. Das Schmunzeln des jetzigen Betrachters
beruht dabei häufig auf einem Wiedererkennen der allbekannten
menschlichen Schwächen und der Übertragbarkeit so manches
der dargestellten Momente auf heutige Verhältnisse.
Für die Zeitgenossen Daumiers waren die Pastorales
aber zudem auch politisch lesbar. Dies gilt in erster Linie für
den intellektuellen, liberal-republikanisch orientierten Teil
der Leserschaft des Charivari Da Daumier keinen seiner Protagonisten
positiv hervorhob, wird durch den Serienzusammenhang und die
Wiederholung der Aussage das hier vorgestellte unverständige
Verhalten der Bürger vom Betrachter als für diese typisch
verstanden und auf die gesamte Klasse bezogen. Da das städtische
Bürgertum die staatstragende und vom Staat geförderte
Schicht bildete, ist mit der Kritik an dessen Verhalten auch
eine gewisse Kritik am System verbunden.
Ausstellungskonzept und begleitender Katalog wurden von Dr. Susanne
Bosch-Abele erstellt. Der Katalog ist unter dem Titel: Honoré
Daumier, Pastorales-Ländliche Idylle in der Reihe
Kataloge des Landesmuseums Oldenburg, Bd.10, ISBN 3-9 30537-10-9,
für 10,- DM erhältlich.
Eine Auswahl aus den Pastorales gibt Ihnen einen Einblick
in die Lithographienfolge:
Pastorales Nr.14 | Pastorales Nr.25 | Pastorales Nr.46 |
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Pastorales Nr.06 | Pastorales Nr.30 | Pastorales Nr.36 |
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Pastorales Nr.07 | Pastorales Nr.32 | Pastorales Nr.33 |
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Pastorales Nr.04 | Pastorales Nr.48 | Pastorales Nr.49 |
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Pastorales Nr.02 | Pastorales Nr.10 | Pastorales Nr.40 |
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Ausstellung, Text und Bildauswahl für die Internetseiten: Dr. Susanne Bosch-Abele.
Gestaltung der Internetseiten zu den Pastorales am 29.10.98 von Frank von Hagel, M.A..
Bitte besuchen Sie auch Frank von Hagels Homepage und beachten Sie sein Angebot zur Museumsberatung.